Anlässlich des Schulbesuchs- und Gedenktags am 9. November hat das Berufsbildungszentrum Georg Kerschensteiner mit den Berufsbildenden Schulen Technik 1 und 2 die Landtagsabgeordnete Anke Simon (SPD) zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Zum russischen Angriffskrieg, seinen Folgen und weiteren Themen stellten die rund 80 Jugendlichen eine Menge Fragen. Mit dem übergeordneten Thema „Frieden, Freiheit und Wohlstand – in Zukunft!?“ hatten die Organisatoren von vornherein einen breiten Rahmen gesteckt. „Wir haben drei Jahre Pause gemacht mit unserem Schulbesuchstag – auch wegen Corona. Zuvor gab es die jährliche Diskussion, zu der wir immer Mitglieder des Landtags einladen, zwölf Jahre hintereinander. Oft waren hier gleich mehrere Ludwigshafener Abgeordnete verschiedener Parteien dabei. Aus terminlichen Gründen konnte in diesem Jahr aber nur Anke Simon zu uns kommen“, erläutert BBS-Lehrer Hans-Peter Bopp  die Zusammensetzung der diesjährigen Veranstaltung.

Während rund 80 Schüler beider Schulen im Publikum zuhören, teilen sich acht Schüler mit Simon das Podium und stellen ihr die vorbereiteten Fragen. Wer anfangs befürchtet hatte, dass sich die Debatte vor allem in Monologen der Politikerin erschöpfen würde, sieht sich angenehm überrascht. Nach einiger Zeit beteiligen sich immer mehr Zuhörer und stellen ihre spontanen Fragen.

„Autokraten die Stirn bieten“Viele drehen sich um den Ukraine-Krieg und seine Folgen für Deutschland. „Dass Staaten Angriffskriege führen, hatten wir in Europa seit 70 Jahren nicht. Es wirkt so, als könnten wir Politiker in Deutschland alles organisieren. Dem ist aber nicht so“, macht Simon deutlich, dass es für die Krisenbewältigung Grenzen gibt.

Warum Deutschland der Ukraine helfe? „Weil es wichtig ist, den Autokraten die Stirn zu bieten. Putin würde nicht mit den Eroberungen aufhören“, antwortet sie. In autokratischen Systemen hätten die Bürger keine Vertretung und keine Stimme mehr, macht sie klar. Ihre derzeitige Sorge sei, dass dabei die Klimakrise in den Hintergrund gerate, sagt Simon.

Mehrere Fragen beschäftigen sich mit dem geplanten „Bürgergeld“. „Ich bin dafür. Hartz IV ist zu knapp bemessen, erzeugt zu viel Verwaltungsarbeit und beschämt Betroffene“, meint die Abgeordnete. Zum Thema „Schonvermögen“ nennt Simon das Beispiel eines 58-jährigen BASF-Mitarbeiters, dem jetzt wegen der Personaleinsparungen gekündigt werde. Ohne ein Schonvermögen werde er alles Ersparte für seinen Lebensabend verlieren. „Das finden wir nicht gerecht“, nennt sie die Position der SPD.

Etliche Fragen drehen sich um die soziale Gerechtigkeit bei Hartz IV. Corona-Pandemie, Digitalisierung, 49-Euro-Ticket, Lehrermangel, den Handel mit China, die Baustellen Hochstraßen und „Metropol“-Hochhaus – immer mehr Schüler im Publikum melden sich zu Wort. Auf alles versucht Simon möglichst einfache Antworten zu geben. Doch erweisen sich viele Themen bei näherem Hinsehen als recht komplex. „Ich habe hier selten so eine rege Diskussion erlebt“, zieht Mit-Organisator  ein zufriedenes Fazit. „Die Schüler haben gesehen, dass Politik ein schwieriges Geschäft ist“, bilanziert er.

Von Gerhard Bühler

Download: Rheinpfalz, 10.11.2022